Wir feiern 2023 einen großen Meilenstein: Das Unternehmen wird 100 Jahre. In den 1920ern hatte es Karl Marbach Senior geschafft, den kleinen Handwerksbetrieb zu gründen und mit einem neuen Produkt – dem Bandstahlschnitt – sowie neuen Kunden erfolgreich aus der Weltwirtschaftskrise zu führen. (Mehr dazu im ersten Teil dieser Serie: "100 Jahre Marbach. 1923 - 1927: Die Gründungsjahre.") Schon kurze Zeit später kamen bereits die nächsten schwierigen Jahre auf das junge Unternehmen zu, denn mit dem Zweiten Weltkrieg begann bald erneut eine weltweite Krise.
Noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zog die Familie Marbach in ihr neues Wohnhaus am Sitz des Unternehmens in der Fügerstraße um. Neben Bandstahlschnitten für die Werbemittelindustrie produzierte die Firma in dieser Zeit auch Werkzeuge für die Dichtungsindustrie. Vor der Unternehmungsgründung hatte Karl Marbach Senior unter anderem für die Firma KACO gearbeitet, welche Dichtungen herstellt. Dort hatte er auch die Technik für Aufsetzstanzmesser, das ehemalige Hauptprodukte des Unternehmens, kennengelernt.
Kurz danach, im Jahr 1939, begann der Krieg, in dessen Verlauf Karl Marbach Senior zum Heimatschutz in Heilbronn einberufen wurde. Auch hierdurch ließ sich die Familie Marbach nicht davon abbringen, das Unternehmen weiterzuführen. Das breite Portfolio zahlte sich jetzt aus: Denn während des Zweiten Weltkriegs wurde die Firma nicht geschlossen, da Werkzeuge für die Herstellung von Dichtungen für Motoren, Getriebe und Pumpen dringend benötigt wurden. Um den elterlichen Betrieb aufrecht zu erhalten, tätigte der 1927 geborene Sohne des Unternehmensgründers, Karl Marbach Junior, in den Kriegsjahren Botengänge für seine Mutter. Angebote, Kalkulationen und Ausführungserklärungen konnten so zwischen dem Wohnhaus der Eheleute und dem Feuerwehrhaus, wo Karl Senior seinen Dienst zum Heimatschutz verrichtete, hin und her geschickt werden. Dadurch konnte Marie Marbach den Betrieb auch in dieser Zeit fortführen.
In den Jahren 1942 bis 1945 ließ sich Karl Marbach Junior in der elterlichen Firma zum Mechaniker ausbilden. Aufgrund der Kriegsverhältnisse wurde ihm nur eine verkürzte Ausbildung zuteil. Später studierte er dann an der staatlichen Ingenieurschule Esslingen die Fachgebiete Feinmechanik und Mengenfertigung.
Nachdem der Betrieb die ersten Kriegsjahre gut überstanden hatte, wurde das Unternehmen Ende 1944 im wahrsten Sinne des Wortes hart getroffen. Am 4. Dezember wurde Heilbronn – das im Krieg ein wichtiger Knotenpunkt der Eisenbahn war – bei einem Luftangriff der britischen Royal Air Force zu mehr als 60% zerstört. Auch ein Teil des Betriebs von Marbach wurde dabei stark beschädigt: Das Gebäude in der Fügerstraße hatte einiges abbekommen, so fehlte eine ganze Hausecke und das Dach war abgedeckt. Um die Produktion zumindest provisorisch aufrecht halten zu können, verlegte man die Werkstatt in den Geburtsort von Karl Marbach Senior nach Unterheinriet.
In den letzten Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs wurde im April 1945 das Werkstatt-Provisorium in Unterheinriet zerstört. Doch auch dieser Rückschlag hielt Marbach nicht auf: Aus den Resten des Betriebs richtete das Unternehmen übergangsweise eine Schlosserwerkstatt in einem alten, ausgedienten Viehstall ein.
Doch es kam noch schlimmer für die Familie Marbach: Im Jahr 1945 wurde Karl Marbach Junior zum Arbeitsdienst in den Großraum Regensburg eingezogen und geriet dabei in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Eigentlich hatte er sich trotz seines jungen Alters bereits vorher freiwillig zum Dienst einziehen lassen wollen, was sein Vater jedoch nicht zuließ: „Du bleibst daheim und machst eine Lehre. Das Kreuz zusammenschlagen kann ich Dir auch zu Hause, dafür brauchst Du nicht in den Krieg zu gehen“. Noch im selben Jahr wurde der 18-jährige am Neuen Schloss in Stuttgart aus der Gefangenschaft entlassen.
Nach dem Krieg konnte Karl Marbach Senior gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Willi Schweiker das Wohnhaus in der Fügerstraße reparieren und so konnte der Betrieb wieder zurück nach Heilbronn verlegt werden. Dort musste man wieder ganz von vorne anfangen. Hier zahlte sich das gute Netzwerk von Marbach aus: Den ersten Bandstahl besorgte ein Kunde, der sich frei in den Besatzungszonen bewegen konnte. Später gelang es Karl Marbach Senior, zweimal nach Wuppertal in die englische Besatzungszone zu fahren, um bei der Firma Wilhelm Eßmann Werkzeugfabrik (heute Essmann + Schäfer) Bandstahl zu besorgen. Er tauschte zwei 100 Meter-Ringe Bandstahl gegen einen Sack Mehl, das die Familie Marbach von ihrem Bekannten, Müller Gerlach aus Neckargartach, erhalten hatte. Mehr Material konnte er mit dem Leiterwagen nicht transportieren.
Die neu anlaufende Produktion umfasste zunächst Bandstahlschnitte (Stanzwerkzeuge) für die Motoren- und Dichtungsindustrie, in zunehmendem Maße aber auch für die Werbemittel- und Verpackungsindustrie. Wieder einmal hatte sich die Firma Marbach aus einer Krise herauskämpfen können.
Dieses Durchhaltevermögen zahlte sich aus. In den 50ern stieg mit Karl Marbach Junior die zweite Generation in die Firma ein und mit ihm viele neue Ideen und Visionen. So war er es auch, der 1966 das erste Mal in der Firmengeschichte eine Messe besuchte. Wie das die Entwicklung der Firma nachhaltig beeinflussen würde, erfahren Sie im dritten Teil dieser Serie: "100 Jahre Marbach. Erfolgreicher Aussteller: Die Messen."
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